Wildkräuter für die Küche und als Heilkräuter wieder entdecken (2013)

In der letzten Woche habe ich eine geführte Kräuterwanderung an der Rungenberghalde in Gelsenkirchen gemacht und fand das, was die Kräuterpädagogin uns dabei erzählt hat, zum Teil so anregend und interessant, dass ich motiviert wurde einiges auszuprobieren. Wildkräuter bereichern das Kochen durch neue Geschmackszutaten, Düfte und Farben, das Sammeln macht mir Spaß und gleichzeitig kann ich etwas für meine Gesundheit tun, ohne Geld auszugeben. Vielleicht kann ich dich auch motivieren, durch meine Fotos und Tipps, wie du die Wildkräuter erkennen und wo du sie finden kannst. Du kannst hier auch lesen welche Inhaltsstoffe für uns interessant sind, welche Wirkung sie haben können und Rezepte wie du die Kräuter verwenden kannst.

Auf der Rungenberghalde, die in Gelsenkirchen-Buer, ca. 110m hoch, liegt, lassen sich, wie auf vielen Halden und in vielen Wäldern und Wiesen, reichlich Wildkräuter entdecken, die sich im Laufe der Zeit dort angesiedelt haben. Die Halde kannst du schon von weitem gut an dem grauen, eingekerbten, nackten Kegel erkennen, der aus der ansonsten grünen Halde herausragt und auf dessen beiden Hälften Lichtkanonen stehen, die nachts erstrahlen.

 

Das erste Wildkraut, das uns bei der Kräuterwanderung ins Auge fiel, war der Beinwell, den du hier, rechts und links neben dem Haldenfoto, erkennen kannst. Wir hatten ihn eine Zeit lang sogar mal wild in unserem Garten; im Moment sehe ich ihn aber nicht mehr. Der gewöhnliche Beinwell, Symphytum officinale L., gehört zu der Familie der Raublattgewächse, Boraginacea, und ist, wie der Familienname nahelegt, charakteristisch an Blättern und den geflügelten Stängeln behaart.

Vorsicht: Wenn die Blüten noch nicht ausgebildet sind, kann er wohl auch mal mit dem Fingerhut verwechselt werden, der selbst bei geringen Mengen tödliche Vergiftungen hervorrufen kann. Im Gegensatz zum Gewöhnlichen Beinwell ist der Stengel des Roten Fingerhuts aber nicht rauh behaart.

Nutzen: Die je nach Boden pinkfarbenen, rosa oder lila Blüten, die Hauptblütezeit ist Mitte Mai bis Mitte Juli, sind nicht nur eine Bienen- und Hummelweide. Bereits in der Antike wurde der Beinwell auch als Heilkraut verwendet. So rührt der Name daher, dass er bei Knochenbrüchen, offenen Wunden sowie Verletzungen von Bändern und Sehnen verwendet wurde, worauf auch der botanische Name Symphytum hinweist, wie du bei wikipedia nachlesen kannst. Dazu kannst du, vor allem aus den Wurzeln des Beinwell, die außen schwarz sind, ein Oel bzw. eine Salbe selbst herstellen. Die Wirkung dieser äußerlichen Anwendung beruht vor allem auf dem im Beinwell enthaltenen Allantoin: "Es bewirkt die Beschleunigung des Zellaufbaus, der Zellbildung oder der Zellregeneration und beruhigt die Haut. Auch die Heilung schwer heilender Wunden wird unterstützt, jedoch besitzt Allantoin keine antiseptischen Eigenschaften.[3]" wie du ebenfalls bei wikipedia nachlesen kannst.

Alle Pflanzenteile wurden früher auch gegessen: Die Knospen, Blüten und Blätter, roh oder gekocht, als Gemüse oder Salat und Wurzelwürfel für Röstgetränke. Weiche Blätter kannst du zu Kräutermischungen, als Blattgemüse oder für Blattrouladen nutzen, z.B.: für Beinwell-Rouladen mit Brennnessel-Nudeln oder, eine Empfehlung der Kräuterpädagogin, zu Briekäse für eine Beinwell-Marinade. In dem Anhang der Hausarbeit von Cora Ruhrmann "Wildgemüse - Wildsalat, Geschichte, Biologie, Nutzung" findest du weitere Beinwell-Rezepte, z.B. auch für Suppen, Filet und Gratin, aber

Vorsicht: Da die Beinwellpflanzen unter anderem Pyrrolizidinalkaloide enthalten, sollte Beinwell nur in Maßen verzehrt werden. S.G.Fleischhauer, J. Guthmann und R. Spiegelberger weisen in ihrem tollen Buch Enzyklopädie Essbare Wildpflanzen (Aarau und München 2013, S. 196) ebefalls auf die Risiken bei der Verwendung hin: "Die Autoren schätzen den gelegentlichen Verzehr kleiner Mengen im Jahr als unbedenklich ein, dennoch können und wollen wir dem Leser die Entscheidung für den persönlichen Gebrauch nicht abnehmen." Ich finde das klingt einleuchtend.

 

 

 

Ehrenpreise

Diesen Ehrenpreis habe ich auf dem Weg von der Halde Rheinelbe, von der Himmelstreppe, geflückt; genauer kannst du die Blüte auf dem ersten Foto dieses Artikels sehen. Den hübschen Namen haben die Pflanzen laut wikipedia von der Wertschätzung des Wald-Ehrenpreis für die Naturheilkunde: „Ihm sei Ehr und Preis als vera unica medicina, das einzig wahre Heilmittel“. Die Ehrenpreis-Arten, aus der Familie der Wegerichgewächse (Plantaginaceae), sollen alle verzehrbar sein und das Immunsystem stärken. Deshalb wurden sie früher von den Armen als Tee verwendet. Die beste Heilwirkung hat laut der Enzyklopädie Essbare Wildpflanzen, (s.o., S. 249) der Echte Ehrenpreis oder Wald-Ehrenpreis (Veronica officinalis L.). Bei dem von mir gefundenen könnte es sich mE um den Persischen Ehrenpreis (Veronica persica POIR.) handeln. Ich werde mir später im Jahr mal die Früchte genauer ansehen; vielleicht kann ich das dann sicherer entscheiden.

Nutzen: Ich finde den Ehrenpreis vor allem optisch zu Salaten oder Käseplatten sehr hübsch, also sozusagen als heilkräftige Augenweide.

 

Wiesenknopf

Den Wiesenknopf zusammen mit dem Ehrenpreis in einen Salat zu geben oder beide zusammen als Dekoration für ein Antipasto oder eine Käseplatte zu verwenden, finde ich einfach schön. Dass er dazu, laut Enzyklopädie Essbare Wildpflanzen (s.o., S. 480) auch noch antibakteriell, blutstillend, kräftigend, schmerzlindernd wirkt und Entzündungen hemmt, finde ich einfach toll. Der Große Wiesenknopf, (Sanguisorba officinalis L.), aus der Familie der Rosengewächse, Rosaceae, hat seinen Namen, laut wikipedia, daher, dass man ihm schon im Mittelalter eine blutstillende Wirkung zuschrieb, worauf der botanische Name "(sanguis für Blut und sorbere für einsaugen)"  hinweise, was aber auch seine blutrote Farbe nahegelegt haben soll. Falls du doch den Kleinen Wiesenknopf gefunden hast, der Anfang Mai bis Ende Juni blüht, hast du eine ebensolche optische und Heil-Wirkung, und dazu noch würzigere und weichere Blätter. Obwohl die Kräuterpädagogin bei dem oben abgebildeten Exemplar vom Großen Wiesenknopf sprach, Blütezeit Juni bis Oktober, denke ich, dass es aufgrund der Blütezeit vielleicht doch eher der Kleine Wiesenknopf ist. Beim nächsten Pflücken werde ich genauer hinsehen.

Knoblauchsrauke

Diese weitverbreitete Pflanze, die du im Halbschatten findest, blüht weiß von Mai bis Juni und lässt sich nicht nur ganz einfach finden und erkennen, sondern sowohl dekorativ verwenden als auch aufgrund der knoblsauch-senf-aromatischen Blätter wunderbar in Salaten, für Kräuterbutter und -quark. Das Tolle ist, dass du nicht nachher nach Knoblauch riechst. Wenn du die Blättchen zwischen den Fingern zerreibst, riechst du sofort dieses Knoblaucharoma; daran identifiziere ich immer diesen Kreuzblütler (Brassicaceae), botanisch Alliaria petiolata (BIEB.).

Weitere Wildkräuter später

Wir haben in der zweistündigen Wanderung noch mehr Kräuter gefunden und über ihre Verwendungsmöglichkeiten gesprochen, aber das wird für einen Artikel sicher zu viel. Von einigen habe ich schon einmal Fotos eingestellt. Vielleicht kennst oder erkennst du sie ja schon. Gesehen und Informationen erhalten haben wir noch über: Beifuß, Gänsefingerkraut, Gundermann, Japanischen Knöterich, Mädesüß, Schafgarbe, Schöllkraut,  Spitzwegerich und Wiesenlabkraut. Zwischendurch wurde uns eine köstliche, selbst gemachte  Kräuterlimonade angeboten. Also, beim nächsten Mal mehr dazu.

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