In der Sendung ¨Markt¨ erfuhr ich gestern, dass in einigen Zahnpasten, Duschgels und Peelingcremes mikroskopisch kleine Plastikkugeln enthalten sind, die mittlerweile auch schon unsere Lebensmittel, unser Wasser verunreinigen. Außerdem verblüfft und entsetzt mich regelmäßig der bedenkenlose Umgang im Alltag mit Plastiktüten, obwohl ja schon so lange bekannt ist, wie schwer der Kunststoff verrottet, wie wenig davon recycelt wird. Bereits vor mehr als 30 Jahren gab es doch schon die Aktion "Jute statt Plastik¨. Was ist daraus geworden? Schon heute befindet sich auf dem Meeresboden flächenweise eine so große Menge Plastik, verenden viele Tiere daran, finden sich in ihren Tiermägen, -nestern etc. mittlerweile mehrere Sorten Plastik nebeneinander. Neben Informationen darüber in welchen Produkten die Mikroplastikteilchen enthalten sind, worauf du beim Kauf also achten kannst, welche Auswirkungen der Plastikmüllberge mittlerweile schon bekannt sind, möchte ich durch Tipps und mögliche Aktivitäten zu einem plastikreduzierenden, umweltschonenden Konsum und somit einem achtsameren Umgang mit der Natur anregen. Über weitere Vorschläge, Ideen würde ich mich freuen.
Welche Kosmetikprodukte enthalten Kunststoffe und wie erkennst du sie?
Wenn du dir jeweils auf der Packung die Inhaltsstoffe (Ingredients) ansiehst, wozu du allerdings manchmal eine Lupe brauchst, musst du auf Polyethylene (PE) oder Polyquaternium-7 achten. Allgemein deutet die Vorsilbe Poly in chemischen Verbindungen in der Regel auf Polymere (langkettige Moleküle aus vielen gleichen Teilchen) hin. Synthetische Polymere sind die Stoffe, die allgemein als Kunststoffe oder Plastik bezeichnet werden. Also, wenn du unter den Inhaltsstoffen in den Kosmetikprodukten die Vorsilbe Poly- siehst, nimm besser ein anderes Produkt. Sonst müsstest du erst genau recherchieren, welcher Inhaltsstoff das ist und wie er wirkt. (Es gibt auch natürliche Poly-Verbindungen, z.B. Polysaccharide wie Stärke, Cellulose oder Pektin, aber die werden auch meistens in Form dieser Namen und nicht als Polysaccharid angegeben.)
In der Sendung Marktcheck vom 2.8.2012, der Sendung Markt vom 18.11.2013 und selbst in der geringen Auswahl in meinem Badezimmer, wurden die Kunststoffe Polyethylen oder Polyquaternium-7 in folgenden Kosmetikprodukten gefunden:
In den Zahnpasten elmex sensitive und Pearls & dents (in der zweiten mehr als 10%) Polyethylene,
in den Shampoos Nivea energy for men, Goldwell colorglow, und laut Marktcheck in vier von 19 untersuchten Shampoos einer Drogerie, Polyquaternium-7, in head & shoulders Polynaphthalensulfonate,
in den Duschgels bebe young care, Biotherm EAU D' ENERGIE, Nivea pure impect (hier mehr als 5%) und, laut Marktcheck, in elf von 19 untersuchten Duschgels einer Drogerie, PE oder Polyquaternium-7,
in den Peelings: AOK Seesand Peeling, L'Oreal perfect clean, Nivea creme peeling, Apfelpeeling von Yves Rocher (wirbt mit ¨Pflanzenkosmetik¨) befinden sich Polyethylene,
auch in den Reinigungscremes Garnier hautklar (wirbt mit der ¨Kraft der Natur¨) und Olaz regenerist befinden sich Polyethylene.
Heute habe ich nun selbst in einem Drogeriemarkt nach dem Zufallsprinzip einige Duschgels und Shampoos auf Mikroplastikteilchen als deklarierte Inhaltsstoffe untersucht und fand in vielen das Polyquaternium-7. Welche das waren kannst du auf dem ersten Foto sehen.
Wie wirken diese Mikroplastikteilchen?
Laut der Sendung Markt sollen sie für den mechanischen Reinigungseffekt sorgen, in den Zahnpasten z.B., den Zahnschmelz entfernen. Sie gelten als günstig und leicht zu verarbeiten. Das Polyquaternium-7, so kannst du in dem you-tube-Video ¨Polyquaternium in Duschgel und Shampoo¨erfahren, soll auf Haut und Haare beruhigend und antistatisch wirken, sie also kämmbarer machen, sorge in Duschgels für ein besseres Hautgefühl, soll Haut und Haare mit Feuchtigkeit versorgen und bilde auf beiden einen Kunststofffilm.
Flecken in der Wäsche:
Polyquaternium-7 kann, wenn es in Duschgels oder Shampoo enthalten ist, Probleme für deine Wäsche darstellen, wie du dem Video und einem Test des WDR entnehmen kannst. Wenn dir so ein Duschgel oder Shampoo in der Tasche mit Wäsche ausläuft, entstehen dunkelblaue Flecken, die durch Waschen oder Reinigen nicht mehr zu entfernen sind. Zusammen mit der Waschlauge wirke der Kunststoff wie ein Zweikomponentenkleber. Prof. Th. Gassenmeier, von der Hochschule Ost-Westfalen-Lippe, erklärt das in dem Video so: Da der Kunststoff positiv geladen ist, Textilien aber negativ geladen sind, haftet er fest auf der Faser. Obwohl der Kunststoff selbst farblos sei, wirke er auf der Wäsche wie ein Magnet für Schmutz.
Entzündungen und Verkapselungen in den Miesmuscheln - und bei uns Menschen?
Frau Prof. Angela Köhler hat, wie in der Sendung Markt zu sehen ist, Untersuchungen mit Miesmuscheln gemacht, da die Reaktionen der Mikroplastikteilchen auf den menschlichen Körper noch nicht erforscht seien. Sie hat die Muscheln in Wasser mit Polyethen gelegt und festgestell, dass die Plastikkügelchen von den Muscheln bereits in wenigen Stunden eingesogen wurden. Die Muscheln reagierten darauf, so sagt sie hier, mit heftigen Entzündungsreaktionen, sie kapselten die Plastikteilchen ein und es entstanden Bindegewebeknoten. Ihrer Meinung nach, so in diesem Beitrag, müssten diese Mikroplastikteilchen sofort verboten werden, da die Konsequenzen für Menschen nicht absehbar seien. Das Bundesumweltministerium, das von den Redakteur_innen dieser Sendung gefragt wurde, habe geantwortet, dass es einen freiwilligen Ausstieg, möglichst europaweit, einem Verbot vorziehe. Also, musst du selber handeln, wenn du keine Mikroplastikteilchen in deinen Kosmetikprodukten haben möchtest.
Wie kommen die Mikroplastikteilchen in die Lebensmittel, in die Umwelt?
In der Sendung Markt des NDR kannst du dazu erfahren, dass die Mikroplastikteilchen, die mit bloßem Auge gar nicht zu erkennen sind, in die Kläranlagen gelangen, von ihnen nur zum Teil zurückgehalten werden, mit dem Klärschlamm als Dünger auf die Felder kommen und durch Wind in die Atmosphäre. So wurden von Prof. Gerd Liebezeit bereits in vier von 19 untersuchten Honigen Plastikteilchen gefunden, in einem Liter Milch 21 Plastikteilchen und auch im untersuchten Leitungswasser waren unter dem Mikroskop Plastikteilchen zu erkennen. Auch im Regenwasser finden sich nach seiner Untersuchung bereits große Mengen. Er geht davon aus, dass sie mittlerweile auch in anderen Lebensmitteln zu finden wären.
¨Am Meeresgrund wimmelt es von Plastik und Müll¨
So ist eine Sendung des ntv tituliert, die erschreckende Aufnahmen eines kalifornischen Forschungsteams von der wahrscheinlich größten Müllhalde der Welt zeigt. 160 Millionen Tonnen Müll, das seien 70% des Mülls, sollen bereits auf dem Meeresboden liegen, davon 32% Plastik. Thilo Maack von Greenpeace hält den Versuch den Plastikmüll durch Bakterien zersetzen zu lassen, auch nicht für die beste Lösung. Die Bakterien zerlegen die Kunststoffmoleküle ja nur in kleinere Moleküle, die giftig und schädlich für die Umwelt sein können. Ohne Bakterien kann die Zersetzung des Plastikmülls Jahrhunderte dauern.
Laut nano von 3sat ist der Plastikmüll am Meeresgrund ein zunehmendes Problem. ¨Die Menge an Plastikmüll steigt selbst in der arktischen Tiefsee¨ lautet der Titel dieses Beitrags vom Oktober 2012. Die Forscher_innen des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung awi warnen, dass dieser Plastikmüll für die Lebewesen der Tiefsee gefährlich sei, da sie sich daran verletzen können, er giftig wirke und die Artenzusammensetzung verändert werden könne. Die awi-Biologin Melanie Bergmann und ihre Kolleg_innen wollen ihre Forschungsarbeit nun ausweiten, um zu prüfen, wie groß die Belastung des arktischen Meeres mit Mikroplastikteilchen ist.
Auch das UN-Umweltprogramm UNEP klagt laut nano 3sat vom 5.November an: ¨Ozeane voller Plastik. Inhaltsstoffe könnten in die Nahrungskette kommen.¨ Das Problem seien vor allem die Plastiktüten und PET-Flaschen, aber auch die Zigarettenfilter. Dabei sei der Ozean unser ¨Lebenserhaltungssystem¨ sagt die Conservancy-Präsidentin Vikki Spruill, das uns den Sauerstoff zum Atmen sowie Nahrung liefere und bedeutsam für das Klima sei. Die Plastiktüten seien z.B. tödlich für die Meeresschildkröten, die sie mit ihrer bevorzugten Nahrung, den Quallen, verwechseln. Selbst die kleinsten Lebwesen am Ende der maritimen Nahrungskette würden die giftigen Plastikteilchen fressen.
Was kannst du bzw. können wir tun?
Das Video zur 3sat-Sendung nano vom 3.2.2012, das zeigt wie ein junges Paar versucht hat eine Woche ohne Plastik auszukommen, finde ich faszinierend und anregend. Es zeigt nicht nur was das für eine Herausforderung ist in einer Zeit, in der es auch in unseren/meinen vier Wänden nur so von Plastik wimmelt, sondern auch einige interessante Alternativen zum Plastikverbrauch: Z.B. Glasschalen mit Deckel für den Aufschnitt, Shampoo, Duschgel, Zahnpasta, welche nicht in Plastikflaschen oder -tuben verpackt sind usw..
Mehrfachbeutel: Da ich immer mal wieder den Einkaufskorb oder die Baumwolltasche nicht dabei hatte, ungeplant einkaufte, habe ich mir diesen Kunststoffbeutel gekauft, (s. Bild), der so wenig Platz einnimmt und immer an meinem Schlüsselbund hängt. Für mich ist dies eine wunderbare Alternative zu den Plastiktüten, die mir ja überall fast aufgedrängt werden. Selbst wenn ich sage, dass ich keine Tüte brauche, werden meine Waren von den Verkäufer_innen oft automatisch darin eingepackt und ich muss sie wieder auspacken. In dem von mir bevorzugten Lebensmittelgeschäft habe ich außerdem angeregt an der Gemüsetheke Papiertüten statt der Plastiktüten bereit zu stellen. Ich versuche, wann immer es geht, das Obst und Gemüse ohne Tüte zu kaufen; denn ich wasche oder putze es doch sowieso.
Bio-Tüte: Links neben dem rotweissen Mehrfacheinkaufsbeutel siehst du eine kompostierbare, reißfeste Biotüte aus gentechnikfreier Stärke vom Bio-Markt in Münster. Allerdings erweicht dieser Kunststoff, der auch aus Molke, also einem Abfallprodukt der Käseherstellung gewonnen werden kann, bei 60 Grad. Er ist also z.B. für Heißgetränke nicht zu empfehlen. ¨EU-Kommission bleibt klare Vorgaben zur Vermeidung von Plastikmüll schuldig¨ so BÜNDNIS 90 DIE GRÜNEN. Also müssen wir es selbst in die Hand nehmen; denn hier ist auch zu lesen, dass Dänemark und Finnland nur vier Tüten pro Person pro Jahr verbrauchen. Der EU-Durchschnitt liege bei 200 und in manchen Ländern sogar bei über 400 Tüten pro Person pro Jahr.
Wasserflaschen: Trinkst du Mineralwasser aus Plastikflaschen? Da ich immer wieder auch über Gesundheitsgefährdung durch Weichmacher in Plastikflaschen gelesen habe, sind wir wieder zu den Mehrwegglasflaschen zurückgekehrt. Außerdem habe ich zunehmend versucht statt Mineralwasser Leitungswasser zu trinken, da unser Trinkwasser ja ziemlich gut kontrolliert wird. Wegen der Mikroplastikteilchen im Leitungswasser bin ich nun wieder etwas verunsichert. Laut plastic-planet.at haben Wissenschaftler_innen der UNI Frankfurt herausgefunden, ¨... dass von 20 Mineralwassermarken, die Plastikflaschen verwenden, zwölf davon hormonähnliche Stoffe beinhalten.¨ Es handele sich um das weibliche Sexualhormon Östrogen, welches im Wasser aus PET Flaschen ca. doppelt so hoch enthalten sei wie im Wasser aus Glasflaschen.
Verbrauch reduzieren: Synthetische und halbsynthetische Kunststoffe wie z.B. Polyethylen, Polystyrol, Polyurethan, PET, PVC haben natürlich Vorteile: Sie sind z.B. billig, haltbar und formbar. In dem wikipedia-Artikel wird der vielseitige Einsatz von Kunststoff meines Erachtens gut auf den Punkt gebracht: ¨Ein herausragendes Merkmal von Kunststoffen ist, dass sich ihre technischen Eigenschaften, wie Formbarkeit, Härte, Elastizität, Bruchfestigkeit, Temperatur-, Wärmeformbeständigkeit und chemische Beständigkeit, durch die Wahl von Ausgangsmaterial, Herstellungsverfahren und Beimischung von Additiven in weiten Grenzen variieren lassen.¨ Aber sie sind kaum abbaubar, verursachen riesige Müllmengen, bei Verbrennungen entstehen verschiedene Schadstoffe und sie basieren auf endlichem Erdoel.
Aber auch der Ersatz ist nicht unbedingt unproblematisch und die Ökobilanz muss sicher immer genau betrachtet werden: Ein großes Problem ist z.B. die Konkurrenz mit der Nahrungsmittelproduktion, die Abholzung von Wäldern z.B. für Palmoelplantagen usw... So begründet auch Nadia Sorg, wieso Biokunststoff nicht unbedingt eine Alternative darstellt.
Fazit: Die beste Alternative ist also eine Begrenzung des Verbrauchs von Plastik. Dazu ist sicher viel Kreativität und ein breiter Austausch über mögliche Alternativen nötig. Einige schöne Alternativen finden sich auf der Seite des utopia-Magazins, die ebenfalls auf möglichst langlebige Produkte als ersten Schritt setzen und dort schreiben: ¨Utopia hat sich fünf Plastik-Klassiker des täglichen Bedarfs vorgeknöpft und stellt in der Bildergalerie unten jeweils eine „Notfall-Alternative“ und die optimale Lösung vor. Vielleicht fangen Sie ja noch heute an – mit kleinen Beiträgen zum „Planet-to-live“ statt des ewigen „Plastik-to-go“.¨
So kann ein Weniger an Plastik vielleicht sogar zu einem Mehr an Spass und Kommunikation führen. Ich freue mich über jede schöne Idee.
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Elisabeth Ummenhofer (Montag, 08 August 2016 12:12)
Hallo,
viielen Dank für diesen sehr informativen, sachlichen Artikel mit den vielen Links! Ja, wir leben nun mal schon seit Jahrzehnten im Plastikzeitalter und das wird noch lange andauern, denn Platik ist ein phantastischer Werkstoff mit unendlich vielen Vorteilen, aber auch mit genaus so vielen krassen Nachteilen. Wie so oft wird man Kompromisse finden müssen. Man schaut genau hin, wo Plastik einfach nur sinnvoll ist, unverzichtbar und durch nichts Anderes besser zu ersetzen. Plastiktüten zu vermeiden ist die einfachste Übung und da machen die Verbraucher/innen auch mit. Schlimm wird´s , wenn zur Zeit immer mehr Artikel mit eingebauten Micro-Plastikteilen auf den Markt kommen. Vor allem in Kosmetika und Putzmaterial sind die so unnötig wie ein Kropf. Unser Dasein wird dadurch weder besser noch bereichert. Und schon wieder wird - eine perfide Strategie, sich aus der Verantwortung zu stehlen - alles auf den Verbraucher abgewälzt. Der soll dann seine Zeit damit verbringen, Kleinstgedrucktes zu lesen und zig Geschäfte abzuklappern auf der Suche nach plastikfreien Produkten. Ich habe es so satt! Glühbirnen wurden vom Markt genommen - eine EU - Verordnung. So, und warum kann man nicht verordnen, im Interesse unserer Gesundheit und der Umwelt, dass Mikroplartikel ab einer bestimmten Größe in Kosmetikprodukten z.B. oder in Produkten, die nur dem Lifestyle zuzuordnen und nicht lebensnotwendig sind, nicht mehr zugelassen werden? Es ist höchste Zeit, dass hier rasch gehandelt wird, denn wenn Mikroplastik sogar in unserem wichtigsten, überlebensnotwendgen Bodenschatz, dem Wasser, zu finden ist, dürfen keine Wirtschaftsinteressen mehr vorgeschoben werden. Selbst wenn es im Moment velleicht noch keine nachweisbare direkte Beeinträchtigung der Gesundheit gibt, ist es extrem kurzsichtig, wenn man sich damit beruhigt . Ich fürchte mich vor den Langzeitfolgen, wenn sich in unserem Körper jahrelang immer mehr dieser Partikel ablagern. Das Muschelexperiment zeigt, wie sensibel Organismen reagieren. Ein "weiter so" darf es einfach nicht geben!