Die Kraniche sind zurück, tanzen - Frühlingsgefühle (2015)

Die Kraniche sind wieder da, für mich ein so schönes Zeichen, dass Frühling ist. Bei strahlendem Sonnenschein sahen wir  ungefähr 1500 Kraniche vor golden leuchtendem Schilfgras am Günzer See, an der Beobachtungsstation "Utkiek", in ca. 200 m Entfernung: Erregt, tanzend, im Paarflug, in den typischen V-Formationen anfliegend und Futter suchend. Ein unvergessliches Erlebnis! Bereits auf unserem Hinweg von der hübschen Altstadt Wismars zur Insel Rügen sahen wir schon, geschätzt, über 600 Kraniche direkt rechts und links neben der A 20 auf den Feldern, teilweise schon paarweise, teilweise noch in Schwärmen.  Bereits im Herbst haben mich diese ´Vögel des Glücks´ so fasziniert, dass ich im Frühling unbedingt dabei sein wollte, wenn sie zurückkehren auf ihrem Weg nach Norden. Dass es uns gelungen ist zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein und das bei herrlichstem Wetter betrachten wir als großes Glück. Was macht diese "göttlichen Himmelsboten", die "Boten des Frühlings und des Glücks" so faszinierend und welche Projekte gibt es, um sie zu schützen? Das versuche ich zu beschreiben. Vielleicht möchtest du ja Kranichzähler_in werden, einen Kranich falten können.

 

Günzer See, eine Beobachtungsstation, ein Utkiek, für Kraniche

Die Faszination, die das Beobachten dieser anmutigen Vögel in mir ausgelöst hat, habe ich auch in meinem ersten Artikel über Kraniche "Herbstzeit ist Kranichzeit, Zeit für die Vögel des Glücks", vom Oktober 2014, versucht zu beschreiben. Deshalb wollte ich die Kraniche unbedingt auch wieder bei ihrer Rückkehr aus dem Süden erleben und wollte sie so gerne auch tanzen sehen. Hilfreich, um am richtigen Zeitpunkt vor Ort zu sein, war für mich die Information auf der Internetseite von "Kranichschutz Deutschland", dass die Beobachtungsstation am Günzer See, an der wir im Herbst bereits viele Kraniche so nah beobachten konnten, ab dem 15.3.2015 geöffnet war: "Um dem immer größer werdenden Interesse von Naturfreunden und Tierfotografen Rechnung zu tragen, stellen wir während der Rastzeiten im Bereich der Günzer Vogelwiesen (Rügen-Bock-Region, Nordvorpommern, 4 km westlich vom Kranich-Informationszentrum) drei Fotoverstecke zur Verfügung."

Als wir dort, am 19.3. gegen 11 Uhr bei strahlendem Sonnenschein ankamen, waren wir überwältigt davon so viele Kraniche direkt vor uns hören und sehen zu können. Im Vergleich zum Herbstnebel im letzten Jahr waren die Bedingungen natürlich schöner, die Bewegungen der Kraniche viel intensiver, die Rotfärbung am Kopf deutlicher und das Gesamtbild, mit dem in der Sonne golden leuchtenden Schilfgras vor dem blauen Himmel fast unwirklich schön. Die Kranichvögel wirkten erregt, begannen teilweise schon ein wenig zu tanzen und wir konnten schon Paarbildungen und Versuche der Paarung beobachten. Immer wieder kamen noch neue Schwärme angeflogen. Wie die wenigen Beobachter_innen, die dort waren, mir erzählten, waren die Kraniche erst an diesem Tag so nah an die Beobachtungsstation herangekommen. Wir hätten großes Glück, auch mit dem Wetter.

Am Günzer See ist die Wahrscheinlichkeit auch deshalb so groß die Kraniche auf ihrem Zug nach Norden beobachten zu können, weil hier sogenannte Ablenkfütterungsflächen zur Verfügung stehen, ein Projekt, um die Kraniche und gleichzeitig die Neusaat der Landwirte zu schützen. (s. mein erster blog-Artikel, s.o.). In diesem Artikel kannst du auch die Zugrouten nachschauen, die ich im Kranich-Informationszentrum Groß Mohrdorf auf einer Abbildung gesehen habe.

 

"Kraniche - Vögel des Glücks"

So heißt auch die Broschüre, die das Kranich-Informationszentrum in Groß Mohrdorf herausgibt und aus der ich so viele Informationen über diese faszinierenden Vögel nachlesen konnte: Die Kraniche sind sehr scheue Vögel, die nur in Gebieten mit Flachwasser schlafen und nisten, um sicherer vor Füchsen, Wildschweinen und streunenden Hunden zu sein. Insgesamt soll es in Deutschland 7800 Brutpaare geben; die Rügen-Bock-Region an der Ostseeküste sei eine der bedeutendsten Rast- und Sammelplätze Europas.


Der Graukranich

In Deutschland kommt von den weltweit 15 Kranicharten nur der Graukranich (Grus grus L.) vor. Er ist also hier der einzige Vertreter der Kraniche und gehört zusammen mit der Familie der Trappen und der Familie der Rallen zur Ordnung der Kranichvögel (Gruiformes). Er wird oft fälschlicherweise zu den Schreitvögeln gerechnet; zu denen laut "Brohmer: Fauna von Deutschland, 2010" aber nur Reiher, Störche, Löffler und Sichler gehören.

Er fasziniert schon allein dadurch, dass er mit seinen 1,15 bis 1,25m sehr groß ist. Er ist hellgrau, mit einem schwarzweißen Hals und Kopf und einem charakteristischen federlosen roten Fleck am Hinterkopf, der bei Erregung leuchtend rot anschwillt. Das ließ sich jetzt im März am Günzer See sehr schön sehen. Der Kranich wirkt mit seinen langem Beinen und dem langem Hals, den er auch beim Fliegen gestreckt hält, auf mich richtig anmutig. Im Steckbrief vom Kranichschutz Deutschland wird das Majestätische, Faszinierende mE gut beschrieben: "Der schönste Schmuck des Kranichs ist seine „Schleppe“. Diese über den kurzen Schwanz herabhängenden Federn sind die verlängerten Armschwingen der Flügel, die im Erregungszustand und während der Balz buschig aufgestellt werden. Der Vogel erscheint dann noch größer und majestätischer." Mit einer Flügelspannweite von ca. 2,20m können Kraniche laut der Broschüre des Kranich-Informationszentrums (s.o.) bis zu 2000 Kilometer nonstop fliegen. Zughöhe und Geschwindigkeit, abhängig von den Luftströmungen variieren zwischen 300 und 1500 Metern bzw. 40 bis 60 Stundenkilometern; bei Rückenwind können es auch mal 100 Stundenkilometer werden. An seinem langen Hals und den langen Beinen, die weit über seinen Schwanz hinausragen, lässt er sich in der Luft gut erkennen.  Auch das trompetenartige Rufen während des Fluges, das ich oft schon hören kann, bevor ich die Kraniche sehe, ist ein charakteristisches Merkmal. Unter guten Bedingungen sollen wir es bis zu einer Entfernung von 2000m hören können, auch, weil die Luftröhre des Kranichs eine Länge von bis zu 1,3 m erreicht. Wenn ich diese Trompetenrufe höre, freue ich mich schon darauf sie bald über mir in ihrer charakteristischen V-Formation, manchmal auch in Reihe, fliegen zu sehen.

 

Brutplätze und Aufzucht

Die meisten der ungefähr 75000 Brutpaare des Graukranichs in Europa, leben in Skandinavien. Aber auch in Deutschland brüten immerhin knapp 6000 Paare; die meisten in Mecklenburg-Vorpommern und in Brandenburg,

Das Kranichpaar, das meist ein Leben lang zusammen bleibt, bebrütet ab Mitte März, Anfang April ein bis zwei Eier abwechselnd ca. 30 Tage lang. Die Jungen, die dann Anfang Mai schlüpfen, würden schon 30 Stunden später mit den Eltern gemeinsam auf Nahrungssuche gehen. Bereits mit 10 Wochen unternehmen, laut Dr. Günter Nowald, junge Kraniche ihre ersten Flugversuche. Bis dahin seien sie stark gefährdet, da die Eltern bei Störungen die Jungen verlassen, die dann trotz Deckungssuche leichte Beute für Raben- und Greifvögel seien. Deshalb ist es besonders wichtig den Schutz der Tiere zu respektieren. Laut Kranichschutz Deutschland engagieren sich dafür viele Brutplatzbetreuer_innen und auch die gesetzlichen Regelungen für Nestschutzzonen "... und die Programme zum Schutz von Feuchtgebieten durch NABU und WWF ermöglichen vor Ort die Durchsetzung verschiedener Schutzmaßnahmen."

Schutzmaßnahmen und Projekte

Das Zentrum "Kranichschutz Deutschland" koordiniert deutschlandweit Schutzmaßnahmen wie z.B. Wiedervernässung und eventuell Bewachung von Brutplätzen, Beratung von Behörden, Ablenkfütterung, Besucher_innenlenkung, Informationstafeln und Kranichtagungen und arbeitet mit allen europäischen Kranichschutzgruppen zusammen.

 

Der BUND startet ab 15.4.2015 folgendes Projekt: "Das Europäische Fachzentrum Moor und Klima (EFMK) ist ein einzigartiges Projekt rund um Moor, Klima und Kraniche in Europa – ein modernes Erlebniszentrum mit wissenschaftlichem Hintergrund und Bezug zum praktischen Moorschutz."

 

Beim NABU kannst du zum Schutz beitragen, indem du Kranichzähler_in wirst: "Nur wenn wir wissen, wo die Kraniche sich aufhalten, können wir vor Ort aktiv Schutzmaßnahmen ergreifen." Laut NABU haben schon die bisherigen Schutzbemühungen dazu beigetragen, dass es mit den Kranichen wieder bergauf geht. Er sieht uns Menschen in besonderer Verantwortung für die Vögel des Glücks. 

 

Schutz des bedeutenden Rastplatzes Obere Rhinluch, nahe Berlin: "Schutz der rastenden und brütenden Kraniche,
Erhalt und Entwicklung der niedermoortypischen Kulturlandschaft, Rückhalt von Winterniederschlägen in geeigneten Retentionsräumen, eine an den Standort angepasste Flächennutzung"

 

Vom Kranichschutz, auch in Schleswig-Holstein,  profitieren weitere bedrohte Tiere und Pflanzen: "Von der Verbesserung der Lebensräume für die Leitart Kranich profitierten aber auch viele andere Pflanzen- und Tierarten wie z.B. Wasserfeder, Sumpfdotterblumen, Waldwasserläufer, Moorfrösche und diverse ans Wasser gebundene Insektenarten."

 

Ein internationales Kooperationsprojekt, das seit 2007 durchgeführte Kranichmonitoring Äthiopien, kontrolliert in Äthiopien bekannte Überwinterungsplätze des Kranichs, sucht nach bisher unbekannten Schlafgewässern, erfasst die Artenvielfalt und untersucht die Gefahren durch die Industrialisierung für den Kranichbestand. "Dabei erfassten die Kranichschützer nicht nur die Überwinterungsbestände und Habitate des Eurasischen Kranichs (Grus grus) und des Jungfernkranichs (Anthropoides virgo), sondern ebenfalls die Bestände, Brutgebiete, Tagesrastplätze und Schlafplätze des Klunkerkranichs (Bugeranus carunculatus) und des Schwarzen Kronenkranichs (Balearica pavonina). Der Schwarze Kronenkranich und der Klunkerkranich sind Jahres- und Brutvögel in Äthiopien."

Kraniche bedeuten Frieden, Frühling, Glück, langes Leben und Weisheit

Kraniche wurden und werden in vielen Kulturen als Symbol verwendet. Sehr schön lässt sich das in dem wikipedia-Artikel über Mythologie und Kult der Kraniche nachlesen. Aufgrund meiner Freude beim Beobachten dieser scheuen, anmutigen Vögel im März an der Ostsee kann ich gut verstehen, dass die Bezeichnung „Vogel des Glücks“ daher entstanden ist, dass ihre Ankunft in Schweden als  Vorzeichen für Frühling, Licht und Wärme gesehen wird. Auf dem Foto siehst du einen Kranich, den ich in der Verbotenen Stadt in Peking fotografieren konnte; denn im alten Kaiserreich Chinas war der Kranich ein Symbol für Weisheit und langes Leben. Auch in Japan sind Kraniche Symbole für Glück und langes Leben und gibt es die Legende, dass die Götter denjenigen einen Wunsch erfüllen, der 1000 Kraniche faltet. "Seit dem Tode des Atombombenopfers Sadako Sasaki, die mit dem Falten von Origami-Kranichen gegen ihre durch die Strahlung verursachte Leukämie-Erkrankung ankämpfte, sind Origami-Kraniche auch Symbol der Friedensbewegung und des Widerstandes gegen Atomwaffen."

Fazit

Kraniche lassen sich wunderbar am Uitkiek Günzer See beobachten und im März lässt sich besonders gut nachempfinden, dass sie als Vorboten von Frühling, Licht und Wärme ´Vögel des Glücks´ genannt werden. Wenn diese großen Vögel in V-Formation mit ihren langen Hälsen und Beinen über uns nach Norden ziehen, ich ihre trompetenähnlichen Rufe höre, weiß ich, dass der Winter zu Ende geht und freue mich auf den Frühling und den Sommer. Die Grauen Kraniche, die einzigen Vertreter der 15 Kranicharten in Nord- und Mittel-Europa, können bis zu 2000 km nonstop fliegen und erreichen bei Rückenwind eine Geschwindigkeit bis zu 100 Stundenkilometern. Die Rügen-Bock-Region an der Ostseeküste ist eines der bedeutendsten Rast- und Sammelplätze Europas.

Ich freue mich darüber, dass sich viele Menschen, z.B. in der Arbeitsgemeinschaft Kranichschutz Deutschland, für den Erhalt des Lebensraums dieser Vögel einsetzen und somit auch den Lebensraum anderer Tier- und Pflanzenarten, der Menschen schützen und erhalten.

Ich würde mich freuen, wenn meine Artikel über diese anmutigen Vögel dazu beitragen, dass du sie wahrnimmst, sie dich auch faszinieren können und du dich so verhältst, dass  ihr Lebensraum respektiert wird. Vielleicht willst du dich ja sogar an Schutzmaßnahmen für Kraniche und somit auch unseren Lebensraum beteiligen, z.B. als Kranichzähler_in oder einfach, indem du anderen die Faszination nahe bringst.

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